stützen mit ihren Schultern gleichsam die Empore, welche um den Bibliothekssaal läuft. Das prachtvolle Schnitzwerk wurde von dem Schnitzer Karl Stilp (1668-1736) geschaffen, der aus Waldsassen stammt.
Ebenso war Karl Stilp, welcher seine Werkstatt im 11 km entfernten Eger unterhielt, für den gesamten plastischen Schmuck der Bibliothek verantwortlich.
Die 10 Holzfiguren sollen vermutlich die verschiedenen Facetten des Hochmutes darstellen:
Überaus skurril ist die Figur links vom Eingang gestaltet. Die Füße des Mannes stecken in Stiefeln, die bereits durchlöchert sind, und zu dem engen zerschlissenen Beinkleid trägt er ein Wams, das über Brust mit unterschiedlichen Knöpfen geschlossen ist; Kragen und Saum des Wamses sind gezackt.
Eine Eselshaut dient ihm als Kopfbedeckung und als Umhang. Diese ist am Eselsschwanz mit einem groben Stick um den Leib befestigt. Der Mann hat seinen Kopf zur Seite gewandt und blickt zu seinem Gegenüber. Sein pockennarbiges Gesicht mit der breiten Sattelnase wirkt äußerst derb.
Die vernachlässigte Kleidung und die Eselshaut lassen vermuten, dass in dieser Figur Faulheit und Dummheit angeprangert werden sollen. Eselsköpfe und Eselskostüme waren auch als Fastnachtsmasken in verschiedenen Regionen, darunter auch im benachbarten Egerland, gebräuchlich.
Die Tragefigur rechts vom Eingang zeigt einen bärtigen Mann, bekleidet mit halbhohen Stiefeln, in denen weite Hosen stecken. Darüber trägt er ein mit Ledergürtel versehenes Hemd, das an den Handgelenken zusammengebunden ist.
Der Mann ist ferner bekleidet mit einem Umhang, der über die Schulter geschlagen, vor der Brust umgelegt und nochmals schürzenartig um den Leib gewickelt ist.
Das Gesicht des Mannes ist pockennarbig, der Mund verzerrt. Sein Blick scheint auf den Boden gerichtet zu sein.
Er hält eine Hand hinter dem Rücken versteckt und die andere, zur Faust geballt, an seinen Kopf.
Auflehnung oder Zorn sprechen aus dieser Figur, in der üblicherweise ein Selbstporträt des Schnitzers Karl Stilp gesehen wird.
Die erste Tragefigur an der Ostseite zeigt einen frontal zum Betrachter stehenden Mann. Er trägt Plunderhosen und ein gegürtetes Obergewand. Dieses ist an den Ellenbogen geschlitzt, so dass das darunter befindliche Hemd zu sehen ist.
Die Kopfbedeckung des Mannes, die er mit beiden Händen festhält, ähnelt einer Schlafhaube.
Sein langer Bart, der unten geknotet ist und zur weiteren Kürzung in den Gürtel gesteckt zu sein scheint, weist Spuren der Vernachlässigung auf. Mäuse haben sich darin eingenistet, die Kornähren in ihre wollige Behausung schaffen.
Sein unter buschigen Augenbrauen hervordringender Blick ist auf den Betrachter gerichtet. Diesem soll offenbar die weltabgewandte Eigenbrötelei mahnend vor Augen gestellt werden.
Die auf den finster blickenden Bärtigen folgende Figur stellt einen lachenden Mann dar. Er hat die Knie leicht gebeugt und hält seine zur Faust geballten Hände auf beide Oberschenkel gestützt. Der Mann ist bekleidet mit geschlitzten Pluderhosen und einer mit Pelz gefütterten Jacke, die mit mehreren Bändern und Schleifen über der Brust geschlossen ist. Auf dem Haupte trägt er eine ebenfalls mit Pelz gefütterte Mütze. Eine Halskrause und ein Umhang mit herabhängender Quaste vervollständigen die reich geschmückte Gewandung des Mannes. Sein bartloses Gesicht ist von zahlreichen Mimikfalten durchfurcht, und der Mund ist zum Lachen weit geöffnet. Das Lachen dieses Mannes wirkt jedoch nicht herzlich, sondern vielmehr höhnisch und schadenfroh, so dass in ihm wohl die Darstellung eines eitlen Spötters zu sehen ist.
Die nächste Figur an der Ostseite stellt einen Soldaten in antikischer Rüstung dar, der Kopf und Oberkörper der benachbarten Tragefigur zuwendet. Der junge, bartlose Mann trägt Stiefel und Pluderhosen, die oberhalb der Knie enden. Darüber ist er mit einem Waffenrock und einem Lederpanzer bekleidet. Um die Schulter ist ein Umhang gezogen, und sein Hemd ist bis über die Ellenbogen aufgerollt. Auf dem Kopf trägt er eine weiche Mütze. Der Soldat zeigt seinem Gegenüber, schelmisch grinsend, die Zunge. Ebenso verschränkt wie seine Füße sind auch die Arme des Mannes. Seine linke Hand liegt auf der rechten Schulter, und mit der rechten Hand greift er an ein Messer, das an seiner linken Seite befestigt zu sein scheint. Das große Messer ist das sogenannte Aufschneidermesser und charakterisiert den Soldaten als großsprecherischen Prahler, Angeber oder Maulhelden.
Scheinbar gleichmütig scheint sein Gegenüber die Neckerei des Aufschneiders aufzunehmen. Überhaupt ist diese Figur offensichtlich von der eigenen Situation unbeeindruckt, was sich in den lässig überkreuzten Füßen und den verschränkten Armen ausdrückt. Mit hochgezogenen Augenbrauen mustert der bärtige, im Narrenkostüm dargestellte Mann sein Gegenüber. Die Hosen mit Fransensaum sind über den Oberschenkeln mit großen Schlitzen versehen. Das Obergewand ist unten gezackt und mit großen Bommeln und Quasten besetzt. Unter den weiten Ärmeln sind die Hände des Mannes verborgen. Sein Umhang ist ebenfalls mit Quasten an den Ecken versehen. Auf dem Kopf trägt er eine Zipfelmütze. Seine Kostümierung und seine Körperhaltung lassen in ihm eine Verkörperung der Unwissenheit, im Sinne der Ignoranz, vermuten.
Die nächste Tragefigur befindet sich links von der Türe der südlichen Schmalseite. Dargestellt ist hier ein grimmig lächelnder, bärtiger Mann, der sich über sein Gewand ein Löwenfell gelegt hat. Die Löwenpranken hängen über die Brust des Mannes, und der Kopf des Löwen dient ihm als Helm. Seinen rechten Arm hat er - eine Verbeugung andeutend - erhoben. Sein Gewand besteht aus einem langen, durchgeknöpften Rock, der an den Seitenschlitzen mit Quastenköpfen versehen ist. Ein Ledergürtel hält das Gewand zusammen. Die Ärmel sind bis zum Ellenbogen geschlitzt und durch Bänder verschnürt. Unter dem Rock trägt der Mann eine Hose und auffallende Stiefel mit schnabelförmigen, nach oben gebogenen Spitzen. Derartige Schnabelschuhe galten seit ehedem als Sinnbild der Hoffart. Das Löwenfell charakterisiert den Träger darüber als hochmütig.
Das Pendant zu dieser Figur an der rechten Seite neben der Türe nimmt fast die gleiche Körperhaltung ein. Dieser Mann hält jedoch die erhobenen Hand an die Empore, als wolle er sie stützen. Er trägt einen kleinen, weichen Hut und ein auffälliges Gewand, das seinen gezattelten Saum und reichen Knopfbesatz an den Ärmeln aufweist. Mit der rechten Hand hält der Mann sein Gewand gerafft, so dass seine Stiefel mit den Besätzen in Form von Löwenköpfen und seine mit Knöpfen an der Hose befestigten Beinlinge gut zu sehen sind. Diese Beinlinge, auch "Ledersen" genannt, waren strumpfähnliche Unterziehstiefel. Sowohl der gepflegte, kurze Bart des Mannes als auch das durch das geraffte Gewand vor Augen geführte aufwendige Beinkleid lassen darauf schließen, dass mit dieser Figur das Laster der Eitelkeit mahnend vor Augen geführt werden soll.
Die Tragefigur unter der südlichen Empore der Fensterwand stellt einen Orientalen dar. Der Mann trägt einen edelsteinbesetzten Turban, ein langes Gewand mit geknöpften Taschen und darüber eine Jacke mit prächtigen Knöpfen und einem lang herabfallenden Spitzenkragen. Während seine Rechte hinter dem Rücken einen Flaschenkürbis hält, ist seine linke Hand erhoben. Leider ging der Gegenstand, den er einst in dieser Hand hielt, verloren. Der Überlieferung nach soll es ein Spiegel gewesen sein, womit hier in dieser Figur eine Anspielung auf die Selbsterkenntnis geschaffen worden wäre. Das Gesicht des Orientalen ist durch warzenähnliche Hautwucherungen entstellt. Er trägt einen langen Schnurrbart und einen bis zu den Ohren reichenden Backenbart. Auffällig ist das übergroß proportionierte rechte Ohr des Mannes, der dadurch üblicherweise als Verkörperung der Neugierde gedeutet wird.
Die letzte der zehn Figuren befindet sich unter der nördlichen Empore der Fensterwand. Gezeigt ist ein bartloser Mann mit langen Haaren, der mit Talar und Beffchen bekleidet ist, der Tracht eines Geistlichen. Dieser Talar wird durch eine Gewandspange gerafft, die mit einem Band am Gürtel befestigt ist. Auf diese Weise kommt die aus Fell bestehende Fuß- und Beinkleidung des Mannes zum Vorschein. Sie steht in völligem Widerspruch zu dem geistlichen Gewand des Mannes, wodurch sich dieser als Verkörperung der Heuchelei zu erkennen gibt. Weiterhin sind die Hände des Mannes vor dem Körper gefesselt, auf seinem Haupt sitzt ein storchähnlicher Vogel, der ihn mit seinem langen Schnabel in die Nase zwickt. Es handelt sich hier um den "Vogel Selbsterkenntnis", dessen Rat zum "Erkenne dich selbst!" auch auf die übrigen Narrenfiguren auszuweiten ist.
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